Kommentar: Würzburger Hafensommer am Ende?
Inhaltsverzeichnis
Würzburg – Auf music-on-net.de habe ich mich bereits nach Bekanntwerden des geplanten Ausfalls des Würzburger Hafensommers im Jahre 2016 recht ausführlich geäußert. Mittlerweile ist eine Woche vergangen. Noch immer macht sich Ratlosigkeit bei den Medien, bei den Betroffenen und natürlich auch bei mir breit.
Ich will hier nicht darüber lamentieren, dass sich mir damit eine über die letzten Jahre lieb gewonnene Möglichkeit zur exzessiven Konzertfotografie und zum Schreiben über die vielen Konzerte heuer nicht bietet, auch wenn mir das Ausleben dieser Leidenschaft Ende Juli / Anfang August sicherlich fehlen wird. Mir geht es schlicht und ergreifend um den Entfall wunderbarer Konzertabende am Würzburger Mainufer aus Gründen, die ich bisher nicht nachvollziehen kann.
Insofern empfinde ich ähnliches, wie jeder andere Interessierte am Hafensommer Würzburg auch.
Einige sehr nette Menschen sind mir dort regelmäßig begegnet, die ich sicherlich woanders auch treffen kann. Der Hafensommer bot uns über seinen definierten Zeitraum indes den richtigen Rahmen, um über Musik, unsere Einschätzung der Künstler (vor und nach dem Auftritt) und über vieles mehr zu reden. Ja, ich habe mich, wie einige andere auch, schon auf die anstrengende, aber die Seele auch sehr bereichernde, Zeit gefreut, wenngleich auch mir nicht ein einziger Künstler des diesjährigen Hafensommers Würzburg bisher bekannt war.
Die Termine vom 22. Juli bis 7. August 2016 waren jedenfalls allesamt in meinem Kalender für den Hafensommer Würzburg reserviert.
Nach wie vor irritiert mich die von der Stadt benutzte und über den künstlerischen Leiter per Pressemitteilung übermittelte offizielle Argumentation – Ausfall des Hafensommers aus personellen Gründen.
Die Main Post hat sich zuletzt in Ihrer Wochenendausgabe am 13. Februar 2016 ausführlich mit diesem Aspekt auseinandergesetzt.
Ich wage nachfolgend eine Bewertung des derzeitigen Status „Hafensommer Würzburg“ aus meiner ganz persönlichen Sicht.
Der Stadtrat Würzburg und der Hafensommer
Es ist weder nachvollziehbar noch akzeptabel, dass die Verwaltung des Stadt Würzburg offensichtlich ohne jedwede Einbindung des Stadtrates eine kulturelle Veranstaltung mit dieser überregionalen Reichweite für ein Jahr, ausgerechnet auch noch im 10. Jubiläumsjahr und endlich wieder am angestammten Platz am Fuße des Heizkraftwerkes realisierbar, von sich aus aussetzt. Die bloße Information des Stadtoberhauptes kurz vor dem GAU kann hier sicherlich nicht als Rechtfertigung genügen.
Auch die Empörung einiger Stadtratsmitglieder über dieses – fahrlässige – Verhalten kann ich verstehen, wenngleich aus dem Stadtrat in den letzten Jahren durchaus auch Stimmen nach außen drangen, die nicht unbedingt eine sehr breite und uneingeschränkte Zustimmung des gewählten Gremiums zu diesem Event vermuten lassen.
Am Donnerstag, 18. Februar 2016 findet die 37. Stadtratssitzung statt. Auf der TOP-Liste kann man sich davon überzeugen, dass der Hafensommer Würzburg jedenfalls nicht öffentlich behandelt wird. Wen wundert’s, hat man den Hafensommer Würzburg durch die Überlagerung mit den vorgetragenen Personalangelegenheiten der öffentlichen Anhörung entzogen. Vielleicht möchte man auch das ohnehin vom Umfang her sportlich erscheinende Programm des Sitzungstages mit diesem brisanten Thema nicht zusätzlich belasten und einige Beteiligte in Erklärungsnot bringen.
Dennoch erhoffe ich mir neue – vor allem plausible – Erkenntnisse zum Wochenende.
Personalia als Ausfallgrund für den Hafensommer 2016
Personalwechsel und Neuanstellungen sind für jeden Betrieb, auch für jede öffentliche Verwaltung der ganz normale Alltag. Jede Einrichtung muss sich mit den damit einhergehenden Veränderungen arrangieren. Jeder Mitarbeiter lernt dabei dazu, manches wird dann anders gemacht, manches geht schneller, manches dauert länger als bisher. Das gilt im übrigen auch auch für das Führungspersonal. Vor allem aber kommen Personalveränderungen in einer Verwaltung nicht plötzlich und auch das häufig damit ausgelöste Personalkarussell ist üblicherweise vorhersehbar.
Die gewählte – allzu detaillierte – Darstellung personeller Veränderungen und Engpässe, auch noch mit Namensnennung, ist völlig inakzeptabel. Geraten dadurch genau die Personen unfreiwillig in den öffentlichen Fokus, die sich über viele Jahre hinweg in der städtischen Verwaltung für den Hafensommer engagiert haben oder sich zukünftig kümmern sollen, so es denn tatsächlich eine Zukunft für diesen Event geben wird.
Der Hafensommer Würzburg 2017
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„Die Verantwortlichen für das Festival sind daher nach intensiven Gesprächen zu der Entscheidung gekommen, dass das mehrwöchige Festival Hafensommer Würzburg in diesem Jahr ins „Trockendock“ geht.“
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„Somit kann die Verschnaufpause kreativ genutzt werden, um im Trockendock in aller Ruhe alle Reparaturen und Maßnahmen hin zu einer erneuten Tauglichkeit für die Weltmeere durchzuführen, die bei einem lebendigem zeitgenössischen Festival, egal ob jung oder alt, immer wieder auftreten und zu bewältigen sind.“
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So der Wortlaut aus der Pressemitteilung 05.2016 vom 08.02.2016.
Auf die Formulierung der einleitenden Worte der Vertreter der Stadt Würzburg im Juli 2017 darf man jedenfalls gespannt sein. Feiert man das 1o-jährige Jubiläum dann im 11. Jahr?
Neun Jahre Geschichte durfte der Hafensommer Würzburg bisher schreiben. Die letzten drei Jahre musste er wegen Reparaturen an der Kaimauer auf die Mainwiesen ausweichen. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen habe ich in meinem Beitrag vom 09.02.2016 auf music-on-net.de bereits beschrieben.
Das Trockendock
Sicherlich ist das Trockendock ein richtiger Ort, um notwendig erscheinende Reparaturen vorzunehmen. Doch wo ist denn nachzubessern oder der Kurs zu korrigieren?
Das Programm
Das Programm des Hafensommers war von Beginn an exquisit und orientierte sich bewusst nicht am sogenannten Massengeschmack. Ein eigenes und sicherlich auch besonderes Profil sollte gefunden werden. Jürgen Königer als künstlerische Leiter hat sich dabei gerade in den letzten Jahren bemüht, über KünstlerInnen wie Judith Holofernes, Balbino und Jan Josef Liefers neue, vor allem auch jüngere, Hörerschichten zu erschließen.
Die Besucherzahlen
Die Besucherzahlen schwankten bis zuletzt von Vorstellung zu Vorstellung extrem, leider auch bei wirklich hochklassigen Künstlern wie Lenine, Jane Birkin und einigen anderen mehr.
Die üblichen und nicht kalkulierbaren Wetterschwankungen konnten gerade in den letzten beiden Jahren durch Ausweichmöglichkeiten einzelner Vorstellungen in die nahegelegene Posthalle aufgefangen werden. Einige Künstler haben sich über die Jahre hinweg zu einer sicheren Bank entwickelt – Sophie Hunger und Quadro Nuevo darf man hier beispielhaft nennen, die „ausverkaufte“ Sparda Classic Night als Eröffnungsveranstaltung mit kostenlosem Eintritt für die ausgelosten Gewinner der Tickets sicherlich nicht.
Dieses Problemfeld muss zwingend analysiert, die notwendigen konzeptionellen Schlüsse daraus gezogen werden.
Das Budget und die Sponsoren
100.000 € standen in diesem Jahr zur Verfügung. Hinzu gekommen wäre ein Betrag X von einer ganzen Heerschar akquirierter Sponsoren, ohne die ein Programm dieser Qualität über fast eine Dekade hinweg niemals zu stemmen gewesen wäre.
Wäre die städtische Administration samt bisherigem Produktionsleiter tatsächlich nicht in der Lage, die üblichen „Eigenleistungen“ zu erbringen, hätte auf jeden Fall die Möglichkeit bestanden, sich externe Helfer einzukaufen.
Natürlich kostet das wiederum Geld, nämlich den (unvorhergesehenen) Betrag Y. in Anbetracht des anstehenden 10-jährigen Jubiläums des Hafensommers Würzburg und des bereits angelaufenen Vorverkaufs aber bestimmt eine lohnende Investition, wenn man diese Konzertreihe ernsthaft am Leben erhalten möchte, wie uns die Pressemitteilung vom 08.02.2016 glauben machen soll.
Eine vereinfachte Rechnung
100.000 € Stadt Würzburg) plus Betrag X (Sponsoren) ergibt ein Betrag Z (Gesamtkostenansatz für den Hafensommer 2016 mit dem bisherigen Personaleinsatz)
100.000 € Stadt Würzburg) plus Betrag X (Sponsoren) plus Betrag Y (Kosten für Outsourcing aufgrund fehlenden Personals) ergibt einen Betrag Z(1) (Gesamtkostenansatz für den Hafensommer 2016 bei einmaligem Einsatz von professionellem „Fremdpersonal“)
Z (1) ist zweifellos größer als Z!
Daran dürfte kein Zweifel bestehen. Bloss um wie viel größer?
Wie groß sind unterm Strich die verlorenen Kosten in Folge des jetzt abgeblasenen Hafensommers 2016?
Das erfährt man am besten über eine aktuelle Angebotseinholung bei in Frage kommenden qualifizierten Personen!
Sind denn überhaupt entsprechende Angebote eingeholt worden oder hat man vorschnell die Pläne für das Jahr 2016 begraben, um möglicherweise unliebsamen Diskussionen über die Wirtschaftlichkeit des Kulturunternehmens Hafensommer Würzburg (in einem wahlfreien Jahr) gleich den Boden zu entziehen?
Die bereits getätigten Investitionen in den Hafensommer Würzburg 2016 müssten bisher kleiner gewesen sein als die zu erwartenden Mehrkosten durch weiteres Outsourcing, wenn die Entscheidungsfindung zum Ausfall des diesjährigen Hafensommers einmal nur unter bloßen finanziellen Aspekten betrachtet würde.
Ist denn ein Kostenansatz von 100.000 € für den Hafensommer möglicherweise zu gering?
Öffentlichkeitsarbeit und Marketing
…….“Seit ca. zwei Monaten läuft die Planung für das nächste Festival, das endlich wieder in unserer angestammten Location stattfinden wird, dem Alten Hafen und mit der schwimmenden Hafenbühne.“ ………
So der Wortlaut aus der Pressemitteilung 01.2016 vom 17.11.2015 mit gleichzeitigem Hinweis auf die anlaufende Early-Bird-Aktion für Frühbucher von Dauer-Tickets.
Etwa einhundert Frühbucher-Tickets seien bisher verkauft worden, konnte ich letzte Woche in der Main Post lesen. Bloss einhundert, wirklich nicht mehr?
Der schleppende Verkauf dieser wirklich preiswerten Tickets (148 € für 17 Tage Qualität voller Musik!) kann sicherlich nicht darin seine Ursache gehabt haben, dass ich bewusst auf music-on-net.de auf eine Vorankündigung des Hafensommer Würzburg 2016 in kompletter Unkenntnis eines zu erwartenden Line-Ups verzichtet habe.
Man muss klipp und klar feststellen:
Der „Hafensommer Würzburg“ ist leider – auch wenn er es inhaltlich sicherlich verdient hätte – noch nicht in der komfortablen Situation, dass ganze Heerscharen von begeisterten Gästen am Ende einer Saison „Die Katze im Sack kaufen“, wie es sich zum Beispiel die Macher von „Rock im Park“ oder anderer ähnlicher Großveranstaltungen leisten können.
Auch wenn der Hinweis weh tut:
Der „Kissinger Sommer 2016 vom 24. Juni 2016 bis zum 24. Juli 2016“ steht mit komplettem Programm bereits im Netz, das Programmheft ist ebenfalls als e-paper abrufbar. Hier stehen möglicherweise auch ein üppigeres Budget und ein größeres Team samt Förderverein zur Verfügung.
Eine frühe Bekanntgabe „zugkräftiger“ Künstler, ja „großer Namen“ bereits um die „Weihnachts-Early-Bird-Zeit“ scheint mir auch für den Hafensommer Würzburg unabdingbar, um bei der sukzessiven Bekanntgabe weiterer geplanter Acts den Spannungsbogen und vor allem den steten Vorverkauf aufrecht zu erhalten.
Das Programmheft war samt Internetauftritt mit Vorstellung der eingeladenen Künstler in Wort, Bild und Ton bisher immer vorbildlich. Ein frühzeitigeres Erscheinen dieser wertigen Publikation dürfte dem Vorverkauf jedenfalls förderlich sein.
Weitere Reparaturarbeiten
Bestimmt gibt es noch mehr Aspekte, unter denen der Hafensommer Würzburg beleuchtet werden kann. Insofern erhebt meine Betrachtung auch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Wichtig ist mir nur, dass die Diskussion zum Thema am Laufen gehalten wird.
Der von Johannes Wolf geplante „Förderkreis Hafensommer Würzburg“ erscheint mir als ein guter Ansatz, um die Exekution dieser Musikveranstaltung – am Schluss noch von Amtswegen – zu verhindern.
Und wer mir vielleicht unterstellen möchte, mir ginge es nur um das Fotografieren, der irrt sich.
Vielleicht fotografiere ich nach diesem Beitrag den Hafensommer Würzburg möglicherweise gar nicht mehr, wenngleich ich niemanden verärgern möchte.
Resümee
„Auch die Pause gehört zur Musik“ (Stefan Zweig, „Verwirrung der Gefühle“, Novelle 1927)
So kann man es auf der Startseite des Internet-Auftrittes vom Hafensommer Würzburg derzeit lesen.
Ein Jahr Pause zwischen einem Hafensommer und dem nächsten reichen mir. Ich brauche keine zwei Jahre zur Rekonvaleszens. Noch nicht!
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