Martin Parr: Grand Hotel Parr – Neues Museum Nürnberg

Martin Parr – Fotografie und Fotobuch

Thema: Grand Hotel Parr
Zeitraum: 24.10.2025 – 22.02.2026
Ort: Neues Museum Nürnberg
Website (Künstler)
Kamera: iPhone 15 Pro Max

Martin parr - grand hotel parr
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Mein Besuch der Ausstellung am 12.12.2025

Vor einigen Tagen erst habe ich mitbekommen, dass derzeit eine Ausstellung von Arbeiten, genauer gesagt, Fotobüchern des britischen Fotografen Martin Parr stattfindet.

Der zeitnahe Besuch des Neuen Museums Nürnberg, möglichst noch vor Weihnachten, war meinerseits gesetzt. Wenige Stunden später erfahre ich dann in den abendlichen Nachrichten, dass der Fotograf, der an Krebs erkrankt war, am Nikolaustag verstorben sei.

Sein plötzlicher Tod hat mich berührt, hatte ich gelesen, dass er bei der Ausstellungseröffnung Grand Hotel Parr vor Ort war.

Meine Ankunft

An der Rezeption des imaginären Hotels sitzt ein freundlicher Mitarbeiter des Museums. Auf der Theke kann man zur Linken ein Kondolenzschreiben und ein Foto von Parr – fast thronend, im karierten Hemd, die nackten Füße stecken in Sandalen, wie er sie oft und gerne bei anderen Herrschaften Augen zwinkernd fotografierte, im Hintergrund drapierte Vorhänge, am Boden stehend ein großer Blumenstrauss – erkennen. Das Foto trägt Trauerflor.

Daneben ein Blumenstrauß zum Anfassen.

Diese Inszenierung könnte von Parr selbst stammen.

„Zurück in 5 Minuten“, kann man dort ebenfalls lesen. Über die „Reading Lounge“ bewege ich mich in verschiedene Themenräume, sei es „Fashion“ oder „Food“.

Die klaren, weiße Volumina des Neuen Museums werden im Obergeschoss quasi konterkariert. Roter Teppich, Holzvertäfelung, künstliche Blumengestecke, Furnier-Imitate, statt weiß und grau.

Das hat sich der Architekt des Hauses – Volker Staab – gewiss anders vorgestellt.

„Willkommen im Hotel Parr“,

auch wenn der Hausherr nicht mehr unter uns weilt.

Dafür hat uns Parr einen riesigen Schatz an Büchern hinterlassen. Seine zahlreichen Fotobücher haben schließlich den Impuls für diese besondere Ausstellung gegeben, die ihm – dem Vernehmen nach – sehr gut gefallen hat.

„Wer meine Bilder sehen will, soll meine Bücher kaufen“

oder

„Das Buch hat gewonnen“

kann man auf der geschwungenen Treppenhauswand, noch vor Betreten der Ausstellungsfläche, lesen.

Die Ausstellung „Grand Hotel Parr“ im Neuen Museum Nürnberg wirkt in diesen Wochen wie ein leuchtendes und gleichermaßen schmerzlich flackerndes Raumgefüge, das interessierte Besucher:innen willkommen heißt.

Die besondere Präsentation ist als Feier seiner Bilder gedacht und wird nun unversehens zu einem großen, begehbaren Nachruf auf einen Künstler, der wie kaum ein anderer den Alltag unserer Konsumgesellschaft, insbesondere der britischen, entlarvt hat.

Der Weg durch diesen Kunstraum ist damit auch ein Rundgang durch Parr’s fotografischen Kosmos aus Protz und Plastik, Ironie und Empathie, grellem Licht und tiefer Melancholie.

Ein Hotel als Lebenswerk

„Grand Hotel Parr“ ist die erste große Fotobuch-Retrospektive des spätberufenen britischen Magnum-Fotografen und erzählt sein Werk aus der Perspektive des Mediums, das er bevorzugte: dem Fotobuch.

Natürlich hängen auch einige Bilder von ihm an der Wand, meist sind es Exzerpte aus seinen zahlreichen Fotobüchern.

Viele seiner Bücher liegen im Saal aus, als hätte jemand die Regale eines Archivs geplündert. Es darf geblättert werden. Die Bücher in den Regalen sind allerdings tabu.

Räume der Ironie und Klarheit

In den einzelnen Zimmern dieses Hotels lassen sich Kapitel seines Œuvres ablesen. ein „Billard Room“, ein „Dining Room“, oder eine „Fashion Boutique“.

An diesen Orten lässt sich der rote Faden erkennen, der Parr’s Arbeit durchzieht. Der Blick auf Freizeitrituale, touristische Selbstinszenierungen, hemmungsloser Konsum oder alltägliche Geschmacksverirrungen.

Parr’s Bilder haben die grelle Oberfläche nie gescheut:

Knallige Farben, harte Blitzlichter, Gesichter in möglichst unvorteilhaften Momenten, Teller mit Fast Food, Sonnenschirme in Reih und Glied, abgefahrene Sonnenbrillen etc.

Doch gerade in den überspitzten Inszenierungen seines „Grand Hotels“ wird spürbar, wie sehr hinter dieser krassen Überzeichnung ein genauer, fast zärtlicher Blick steckt, der Menschen nicht vorführt, sondern ihren Selbstinszenierungen mit Humor und keineswegs mit Verachtung begegnet. Sind wir doch alle Teil dieser bizarren Gesellschaft.

Die Ausstellung zeigt, wie Parr die Absurditäten unserer globalen Konsum- und Freizeitkultur festhält und zugleich eine Art visuelles Soziogramm entwirft.

Das fotografische Vermächtnis im Buchformat

„Grand Hotel Parr“ macht sichtbar, wie konsequent Martin Parr das Fotobuch als sein eigentliches Labor begriffen hat, als Ort, an dem nicht nur einzelne Bilder, sondern Sequenzen und Kontexte die Erzählung bestimmen.

So liest sich diese Nürnberger Inszenierung wie eine letzte, groß angelegte Hommage, die sein Werk nicht abschließt, sondern offenlegt:

Als Einladung an uns alle, weiterzublättern, weiterzudenken, weiterzuschauen.

Wenn das „Grand Hotel“ im Februar die Türen schließt, wird Parr’s Blick auf die Welt in diesen Büchern bleiben – als freundliche und gleichermaßen unbestechliche Erinnerung daran, wie viel Wahrheit in scheinbar banalen Momenten stecken kann.

Für all diejenigen, die sich mit Fotografie beschäftigen, ist diese Ausstellung ein Impulsgeber.

Bisher habe ich noch nie ein Fotobuch gestaltet, obwohl ich seit fast 50 Jahren fotografiere. Vielleicht sollte ich damit endlich einmal anfangen.

© Gerald Langer


Bilder einer Ausstellung

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Pressetext vom 15.08.2025

Checken Sie ein ins GRAND HOTEL PARR zu einem unvergesslichen Erlebnisaufenthalt!

Ab 24. Oktober 2025 zeigt das Neue Museum Nürnberg (NMN) in Kooperation mit ThePhotoBookMuseum die erste große Fotobuch-Retrospektive des britischen Magnum-Fotografen Martin Parr. In der schrägen Inszenierung einer Hotelanlage lädt die Ausstellung dazu ein, zum ersten Mal die über 200 Fotobücher, die Martin Parr selbst veröffentlicht hat, lustvoll in Augenschein zu nehmen. Der Parcours verführt zum Flanieren und Fremdschämen zwischen Speisesaal und Honeymoon Suite, zum Blättern und Entdecken zwischen Spielcasino und Wellnessbad.

Have a nice day!

Wie kein anderer hat Martin Parr seit den 1980er Jahren die Absurditäten der globalen Konsum- und Freizeitkultur eingefangen und in eine eigene Bildästhetik übersetzt. Mit unbestechlichem Blick und feinem Humor erfassen seine Fotobücher in der Ausstellung GRAND HOTEL PARR eine bizarre Welt zwischen Protz und Kitsch, Vier-Sterne-Luxus und „all inclusive“ über alle sozialen Schichten und nationalen Eigenheiten hinweg. Aufwendig in Szene gesetzt lädt die Ausstellung ein, in der Atmosphäre eines britischen Hotels am Meer auf dem roten Teppich zu flanieren und sich vor dem idealtypischen Furnier-Imitat der „Reading Lounge“ in die Fotobücher von Martin Parr zu vertiefen.

Zwischen Dokumentation und Aberwitz

Martin Parr ist ein Chronist unserer Epoche. Er hat als Fotograf, Herausgeber, Bildeditor und Textautor über einen Zeitraum von fast fünf Jahrzehnten Fotobücher veröffentlicht und war damit unter den ersten, die dieses Medium künstlerisch nutzten. Entstanden sind ikonische Motive und aberwitzige Sittenbilder der Briten wie vieler anderer Nationalitäten heute.

Martin Parr dokumentiert ihr Konsum- und Freizeitverhalten in seinen ungeschönten Bildern von Essen, Strandleben, Spielhölle. Er fängt Konventionen in allen Facetten, High und Low, von Fish & Chips bis High End Fashion mit seinem kritisch-humorvollen Blick ein. Parr ist dabei immer Teil des Ganzen. Man begegnet seiner Person nicht nur auf den Bildern als Motiv. Darüber hinaus zeigt die Komposition seiner Bilder auf ästhetischer Ebene eine unverwechselbare Handschrift. Martin Parr tritt in der einzelnen Fotografie wie in seinen Fotobüchern in Erscheinung.

Als leidenschaftlicher Buchsammler und Netzwerker hat er spätestens seit der Jahrtausendwende das Fotobuch weltweit ins Bewusstsein gebracht. Dank seines Engagements konnte sich das Fotobuch als zentrales Medium in der künstlerischen Gegenwartsfotografie etablieren. 

GRAND HOTEL PARR ist in dieser Hinsicht die erste werkmonographische Retrospektive eines Fotografen anhand seiner publizierten Fotobücher überhaupt und damit ein neuer Zugang zu Parrs Werk: aus der Sicht des Mediums, aus der Perspektive seiner Fotobücher.

Kunstrasen und Plastikblumen

In der Inszenierung einer leicht aus der Zeit gefallenen und in die Jahre gekommenen Hotelanlage können die Besucherinnen und Besucher im Großen Saal des NMN die nahezu 250 Buchprojekte erstmals umfassend in Augenschein nehmen. Über die Rezeption gelangt man zur „Reading Lounge“, in der die bekanntesten Fotobücher von Martin Parr zum Durchblättern ausliegen. Dazu zählt etwa The Last Resort (1986), das sich dem Seebad New Brighton bei Liverpool widmet, genauso wieSmall World (1995) über den globalen Tourismus oder Common Sense (1999) zu den Ausgeburten der Konsumkultur.

Um den zentralen Raum mit Flügel und Blumenbouquet gruppieren sich thematisch zu den Fotobüchern verschiedene Räume wie der „Billard Room“, „Dining Room“ oder eine „Fashion-Boutique“, und auch die Terrasse mit Kunstrasen zum „Seaside View“ darf nicht fehlen. Der Parcours ist frei wählbar und ermuntert zum Flanieren und Chillen, Blättern und Stöbern von „Bar“ bis „Souvenirshop“. Von Benidorm bis Dubai, von Manchester bis Hongkong – Parr’s Bilder rücken in der Ausstellung ganz nah an die Betrachterinnen und Betrachter heran.

Über Martin Parr

Martin Parr (geb. 1952 in Epsom, Surrey, Vereinigtes Königreich) ist Dokumentarfotograf, Fotojournalist und Sammler von Fotobüchern. 1994 wurde Parr Mitglied der berühmten Fotografenagentur Magnum Photos, 2013–2017 war er ihr Präsident.

2014 gründete er die Martin Parr Foundation, die 2017 in Bristol eröffnet wurde. Sie beherbergt sein eigenes Archiv, seine Sammlung britischer und irischer Fotografie sowie einen Ausstellungsraum. 2017 erwarb die Tate Modern in London Martin Parrs Fotobuchsammlung mit über 12.000 Titeln.

Sein Werk wurde in über 400 Ausstellungen weltweit präsentiert, darunter die internationalen Wanderausstellungen Martin Parr Photoworks 1971–2000, die 2002 im Barbican Arts Centre, London, startete, und ParrWorld, die erstmals 2008 im Haus der Kunst in München zu sehen war.

Zu seinen jüngsten institutionellen Einzelausstellungen zählen Only Human in der National Portrait Gallery, London (2019), Think of Scotland in der Aberdeen Art Gallery (2019), Martin Parr Retrospektive im NRW-Forum, Düsseldorf (2019) und We Love Sports in der Camera, Turin (2021). Martin Parr lebt und arbeitet in Bristol.

The PhotoBookMuseum

Gegründet 2014 in Köln als gemeinnützige Organisation, fördert The PhotoBookMuseum das Fotobuch als eine der zentralen Ausdrucksformen der Fotografie. Das Museum dient als Plattform für Sammlungen, Ausstellungen und Events und ist der Erforschung und Vermittlung zeitgenössischer Fotobuchkultur gewidmet.

Als Museum des 21. Jahrhunderts versteht es sich als lebendiger, sozialer Ort, der einem breiten Publikum offensteht. Bisher ohne festes Haus nutzt es innovative mobile Vermittlungs- und Ausstellungsstrategien und lädt fernab des musealen Mainstreams international zur Partizipation ein.

Das PhotoBookMuseum ist bisher weltweit das einzige Museum, das sich ausschließlich dem Medium Fotobuch widmet. Dessen demokratisches Potenzial steht dabei im Vordergrund.

Zur Ausstellung erscheint ein Begleitheft sowie nach der Eröffnung ein Katalog.

Die Ausstellung ist eine Kooperation des Neuen Museums mit The PhotoBookMuseum, Köln.

© Pressetext Neues Museum Nürnberg


Ort der Ausstellung

Neues Museum
Staatliches Museum für Kunst und Design Nürnberg
Klarissenplatz
90402 Nürnberg
Tel. 0911 240 20 69

E-Mail info@nmn.de

www.nmn.de


Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag 10–18 Uhr, Donnerstag 10–20 Uhr, Montag geschlossen


Eintrittspreise

Ausstellung inklusive Sammlung: 7 Euro, ermäßigt 6 Euro

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren frei


PHOTO - Gerald Langer

Designed by Pixabay

Fotografie (Bildersammlung)

Hier gewinnt man einen Einblick in die Fotografie von Martin Parr.


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